Zukunftskonferenz "München 2040":"Die junge Generation ist politisch"

Benedikt Breil

Viele junge Menschen hätten das Gefühl, von der Politik vergessen worden zu sein, sagt Benedikt Breil. Der 21-Jährige studiert Philosophie in München und ist im Vorstand vom Bund der Deutschen Katholischen Jugend.

(Foto: Friedrich Bungert)

Jugendliche wollen gesehen und gehört werden, sie wollen die Welt mitgestalten - das sagt Benedikt Breil. Gemeinsam mit vielen weiteren Ehrenamtlichen hat der 21-Jährige zwei Jahre lang an der Zukunftskonferenz "München 2040" gearbeitet.

Interview von Kathrin Aldenhoff

Etwa 300 Jugendliche wollen an diesem Samstag, 17. Juli, an vier Orten in München darüber debattieren, was sie sich für ihre Stadt wünschen. Sie werden Ideen entwickeln und am Ende Forderungen an die Politik stellen. Benedikt Breil vom Bund der Deutschen Katholischen Jugend und mehr als 45 weitere Ehrenamtliche haben zwei Jahre lang an der Zukunftskonferenz "München 2040" gearbeitet.

SZ: Herr Breil, warum blicken Sie eigentlich ausgerechnet ins Jahr 2040?

Benedikt Breil: Wir haben zwischen 2040 und 2050 hin und her überlegt. Und entschieden: Das Jahr 2040 ist greifbarer. Das ist so nah, dass man erste konkrete Schritte tun kann. Und das ist auch ein realistischer politischer Zeitrahmen, es sind noch circa dreieinhalb Legislaturperioden.

Was erhoffen Sie sich von der Konferenz?

Wir wollen jungen Menschen eine Plattform bieten, sich zu vernetzen und Experten kennenzulernen, um alle Themen, die in Zukunft relevant werden, zu diskutieren und in ihren Visionen darzustellen. Wir wollen über alles reden, von Müll und Abfallwirtschaft über Solidarität bis hin zu Wohnen ...

... und Tierethik, Subkultur - Sie haben eigentlich alles im Programm.

Ja, das war auch unser Anspruch. Wir wollten keine Fachkonferenz zu Nachhaltigkeit werden, davon gibt es genug. Wir wollten alles abdecken, weil alles mit allem vernetzt ist. Wenn wir nachhaltig denken und über Klimaziele reden, dann müssen wir uns fragen: Wie bauen wir? Wie wohnen wir? Wie konsumieren wir? Und gibt es eigentlich konsumfreie Räume? Wichtig ist uns auch, dass wir zwar von einem konfessionellen Jugendverband aus geplant haben, aber dass wir eine Konferenz für jeden machen.

Sie hatten ursprünglich mit 1500 Teilnehmern und deutlich mehr Locations geplant.

Ja, als wir 2019 angefangen haben zu planen, gab es Corona noch nicht. Wir nehmen die Pandemie ernst und haben uns deshalb auf vier Locations beschränkt, damit es nicht so viel Bewegung in der Stadt gibt. Wer teilnehmen will, muss getestet sein, deshalb gibt es bei uns Teststationen. Und über das Gesundheitsamt des Landkreises München wird es sogar ein Impfangebot für alle Teilnehmer geben.

Warum halten Sie trotz Corona an der Veranstaltung fest?

Wir wollen den jungen Menschen, die das Gefühl haben, vergessen worden zu sein, zeigen, dass sie etwas gestalten können. Da geht es gar nicht nur um konkrete Mitbestimmung, sondern darum, das Gefühl zu vermitteln: Ich kann mitgestalten. Denn daran fehlt es. Ich glaube, wir können da ein Ventil darstellen. Denn ich verstehe, dass in meiner Generation Unmut da ist. Für mich war mein Engagement für München 2040 ein Ventil. Wenn ich in den letzten zwei Jahren nicht so viel zu tun gehabt hätte, würde es mir heute vielleicht auch anders gehen.

Es geht bei der Zukunftskonferenz also weniger darum, konkrete Ideen für die Zukunft zu entwickeln?

Doch, darum geht es auch. Es gibt viele Veranstaltungen, und auf einer Podiumsdiskussion wird es eher um abstrakte Ideen oder grundsätzliche Richtungsfragen gehen. In kleinen Workshops geht es dann darum, wie das aussehen soll: Was können wir ganz konkret tun? Wie kann ich teilhaben? Uns ist es wichtig, dass wir nicht einfach nur einen Tag Spaß miteinander haben und alles danach verpufft, sondern dass die Konferenz langfristig wirkt. Deshalb überlegen wir am Ende eines jeden Moduls, was wir getan haben, was wir mitnehmen und welche Forderungen wir an Politik, Gesellschaft, unsere Partnerorganisationen und an uns selbst stellen, damit unsere Vision von München 2040 real wird.

Und was machen Sie dann mit den Forderungen?

Wir sichten und sortieren sie und schauen, auf welcher politischen Ebene sie anzusetzen sind. Dann wollen wir mit den jeweiligen politischen Entscheidungsträgern in Kontakt treten. Oberbürgermeister Dieter Reiter und Landrat Christoph Göbel sind unsere Schirmherren. Sie haben gesagt, dass sie Verantwortung für die Ergebnisse übernehmen. Sie wollen das mitnehmen und umsetzen. Wir wollen unsere Ergebnisse auch bei der Langen Nacht der Demokratie präsentieren und nach sechs Monaten prüfen, was seit der Konferenz passiert ist.

Engagieren sich junge Menschen denn überhaupt genug, um Forderungen stellen zu können?

Junge Menschen wollen mitgestalten und verändern. Dass in dieser Zeit, die von extremer Unsicherheit geprägt ist, mehr als 50 Menschen an unserem Projekt gearbeitet haben, ist für mich ein absoluter Beweis dafür. Ja, man kann immer sagen, dass es zu wenig ist. Aber die junge Generation ist politisch und ist gewillt, mitzuwirken und mitzuentscheiden. Es bringt nichts, schöne Sachen zu sammeln und dann packen wir alles in einen Ordner und stellen den in den Schrank. Deshalb ist uns die Nachhaltigkeit unserer Ergebnisse sehr wichtig. Und dass schon kurzfristig Veränderungen zu sehen sind.

Warum ist das wichtig?

Für junge Menschen ist es frustrierend, wenn sie die normalen Abläufe einer Verwaltung und einer Politik sehen. Manche Projekte brauchen sehr lange, bis sie umgesetzt werden. Zum Beispiel das Jugend- und Ausbildungsticket, das einer meiner Vorgänger vor sieben Jahren angeleiert hat. Daraus ist schließlich das 365-Euro-Ticket für Schüler und Auszubildende geworden. Das war ein spannender Prozess und wir sind froh, dass wir das erreicht haben. Aber in sieben Jahren ändern sich die Lebensschwerpunkte und Perspektiven junger Menschen massiv. Sie beenden die Schule oder das Studium. Wenn etwas zu lange dauert, ist es für junge Menschen nicht mehr greifbar.

Werden junge Menschen denn gehört?

Das ist unterschiedlich. Auf bundesweiter und globaler Ebene gibt es natürlich auch viel Frust. Aber ich glaube im Kleinen, in der Kommune, da geht viel. Allerdings bin ich immer dafür, dass Jugend mehr gehört und verstärkt einbezogen wird. Dieter Reiter und Christoph Göbel haben gesagt, sie stehen hinter unserer Konferenz. Das ist ja schon mal was.

Sie würden eine Umsetzung der Ergebnisse also auch einfordern, wenn nichts passiert?

Ja, die fordern wir sehr sicher ein. Und das wissen die beiden auch.

Die Konferenz beginnt am Samstag, 17. Juli, um 9.15 Uhr und endet um 19.45 Uhr. Tickets für fünf Euro kann man noch bis Samstag buchen unter muenchen2040.de. Veranstaltungen finden in der Katholischen Akademie statt, im Gasteig, im Backstage und im Amerikahaus.

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